Anwaltsgebühren und Inkassokosten

Für die Forderungsbeitreibung von hoher Bedeutung sind die Dienstleistungen von Inkassounternehmen und Rechtsanwälten. Entsprechend sind auch die hierfür entstehenden Kosten eine wesentliche Position des Verzugsschadensanspruchs. Anspruchsgrundlage sind die §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB.

Für vorgerichtliche Mahnungen bzw. „anwaltliche Erstschreiben“ berechnen Rechtsanwälte Geschäftsgebühren nach §§ 2, 13 und 14 RVG i.V.m. NR. 2300 VV RVG: eine RVG- Gebühr von 0,5 bis 2,5. Im Regelfall entsteht eine 1,3 RVG- Gebühr (sog. „Schwellengebühr“). Zwar kann der Rechtsprechung gesteht im insoweit grundsätzlich einen Ermessenspielraum von 20 Prozent zu. Jedoch nimmt der Bundesgerichtshof an, dass hinsichtlich der Schwellengebühr dieser Toleranzrahmen nicht gilt.: Eine höhere Gebühr als eine 1,3 RVG- Gebühr kann ausschließlich gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Nur dann hat das Inkassounternehmen und der Rechtsanwalt einen Ermessensspielraum bis zu einer 2,5 RVG- Gebühr.

Aufgrund der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB bemisst sich hiernach auch die Höhe der Verzugsschuldner zu erstattenden Gebühren.

Für die Vergütung von Inkassounternehmen müssen die gleichen Grundsätze gelten. Denn auch die Inkassodienstleistung erfordert eine substantielle Rechtsprüfung und beschränkt sich nicht auf die bloße Anwendung des Rechts. Soweit ein Inkassounternehmen aber Rechtsdienstleistungen in gleichem Umfang wie ein Rechtsanwalt erbringt, widerspräche eine unterschiedliche Behandlung Art. 3, 12 GG. Folgerichtig wurden auch die 2013 eingeführten § 4 Abs. 5 S. 1 und 2 RDGEG, die hinsichtlich Gebühren von Inkassodienstleistern den Erlass einer deren Erstattungsfähigkeit begrenzenden Verordnung vorsahen, recht bald (2017) wieder aufgehoben. Die Gesetzesbegründung zur Aufhebung hält insoweit zutreffend fest, dass verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Aus gleichen Gründen erscheint allerdings auch die weiterhin geltende Regelung des § 4 Abs. 4 S.2 RDGEG, wonach die Vergütung von Inkassounternehmen für die Vertretung im gerichtlichen Mahnverfahren nur bis zu einem Betrag von 25 EUR erstattungsfähig ist, verfassungswidrig.

Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 RDGEG gilt das RVG für registrierte Erlaubnisinhaber und damit Inkassounternehmen entsprechend. Zudem stellt seit dem 09.10.2013 der damals neu eingefügte § 4 Abs. 5 Satz 1 RDGEG klar, dass die Kosten für außergerichtliche Inkassodienstleistungen, die eine nicht titulierte Forderung betreffen, bis zur Höhe der einem Rechtsanwalt nach dem RVG zustehenden Vergütung erstattungsfähig sind. Bereits zuvor war die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten von der Rechtsprechung in zahlreichen Entscheidungen – nicht zuletzt auch das Bundesverfassungsgerichts – und der Literatur anerkannt worden. Entsprechend gibt es auch seit der gesetzlichen Klarstellung zahlreiche Urteile, die Gläubigen Schadensersatz für Inkassogebühren in Höhe des für anwaltliche Gebühren geltenden Rahmens zusprechen. Die Literatur erkennt dies ebenfalls an.

Die Kosten für vorgerichtliche Tätigkeiten eines Inkassounternehmens sind entsprechend dem zu Rechtsanwälten Gesagten im Regelfall in Höhe einer 1,3- RVG- Gebühr erstattungsfähig. Bei umfangreichen oder schwierigen Tätigkeiten besteht jedoch auch ein Ermessensspielraum bis zu einer 2,5- RVG- Gebühr. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG stellt die Erbringung von Inkassodienstleistungen allerdings unter die Voraussetzung einer Registrierung, die nur die Voraussetzung einer Registrierung, die nur bei Vorliegen besonderer Sachkunde sowie persönlicher Eignung und Zuverlässigkeit (§§ 11 Abs. 1, 12 RDG) erfolgt. Folgerichtig sind nur die Inkassokosten dieser registrierten Dienstleister erstattungsfähig.

Bei Kleinforderungen mag der Forderungsbetrag zu den Rechtsverfolgungskosten in einem Missverhältnis stehend erscheinen. Der Gesetzgeber hat die (anwaltliche) Vergütung aber im Sinne von Streitwertgruppen geregelt und nicht strikt linear. So kann die 1,3- Geschäftsgebühr in Höhe von 58,50 EUR für eine Kleinforderung von z.B. 20 EUR verhältnismäßig hoch erscheinen; für eine Forderung von z.B. 480 EUR hingegen fällt sie relativ niedrig aus. Vor allem jedoch hat die Forderungshöhe keinerlei Einfluss auf den Umfang oder den Schwierigkeitsgrad der einzelnen Betreibung. In der Schweiz entsteht ab der zweiten vorgerichtlichen Mahnung alleine für den Gläubiger ein – vorgerichtlicher – zeitlicher Aufwand von durchschnittlich 157,9 Minuten für die Einziehung einer Forderung. Für einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen ergäbe sich somit ein wenig einträglicher Stundenlohn von 22,23 EUR, zumal von diesem noch Steuern abgehen und die Kosten des Personals sowie allgemeine Bürokosten wie u.a. die Miete zu tragen sind. Berücksichtigt man dies, wären die RVG- Gebühren sogar sehr niedrig bemessen. Vor diesem Hintergrund sollte Basis einer etwaigen Diskussion über die Gebühren von Rechtsanwälten und Inkassounternehmen für die Betreibung von Forderungen eine vergleichbare Studie wie die in der Schweiz durchgeführte sein.

Abschließend sei angemerkt, dass für die Vereinbarung eines Ausschlusses oder einer Beschränkung des Anspruchs auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten die gleichen Verbote wie hinsichtlich der Verzugspauschale bestehen. Wegen § 288 Abs. 6 S. 4 BGB gilt dies jedoch nicht für Forderung, die sich gegen Verbraucher richten.

Quelle:

Auszug aus der Zeitschrift für das Forderungsmanagement Ausgabe 1/2018